Stratos 2017 - Ein Aufstieg mit Hindernissen

von Johannes Piontek

Projekt Stratos - der zweite Versuch im September 2017

Neuer Versuch - neues Pech - glückliches Ende

Nachdem unser erster Versuch keine brauchbaren Videobilder zustand gebracht hatte (siehe unten), hatten wir noch etwas Geld und kauften noch einen Ballon und neues Gas. Dies wurde uns von Air Liquide gesponsert und kostet etwa 240 Euro.
Das verdanken wir der Air Liquide Forschungs- und Entwicklungs GmbH, in der unserer ehemaliger Schüler Christopher Drosdzol als Ingenieur arbeitet.

Jetzt musste es doch klappen, am 21.9. sollte es soweit sein. Das Wetter war Super, wir hatten ja jetzt schon Erfahrungen mit dem Aufbau - alles lief bestens. Aber es schien nur so!

Denn es ist wie verhext: auch bei unserem zweiten Ballonstart sind wir vom Pech verfolgt. Wir haben im Vorfeld drei neue Kameras getestet, auch im Dauerbetrieb. 

Unser Ballon flog bis weit nach Tschechien, etwa 20 km hinter Karlovy Vary - siehe Karte: Karte zum Fundort Nach etwa 2:15 Stunden konnten wir ihn wieder "anrufen" und er meldete uns die Koordinaten. So fuhr die alte Besatzung Frohberg, Kunze, Vogel, Feustel und Piontek am 21.09.2017 nach der Schule etwa 200 km zum Fundort.

Wir konnten mit dem Auto fast bis ran fahren und hatten noch etwa 400m Fußmarsch durch einfaches Gelände zu bewältigen. Dieses Mal lag er auf einer Wiese. Kamera rausbauen - nachsehen!

Ja, auf der Karte waren 1,3 GB Daten aufgezeichnet, ließen sich aber nicht abspielen. 
Mist! Zuhause mit allen möglichen Tools probiert, aber kein Erfolg. Dann lag das Material rum, wir hatten noch die Hoffnung an einer Hochschule jemanden zu finden...

Bis Georg Kunze sich nach dem Video erkundigte und einen Tag später konnten wir die Bilder aus der Stratosphäre sehen. Initiative und Kennung zahlen sich eben aus. Er hatte noch eine Software ausfindig gemacht, die das Video rekonstruieren konnte. Aber natürlich auch nur, wenn man Ahnung von der Materie hat - und das hat Georg.

über den Wolken...

 

Und hier ist es nun: Zeitraffer mit 1 Bild/s, deshalb ein wenig "dynamisch". Aber wir hatten die Befürchtung, dass eventuell der Akku nicht reichen würde wenn wir die komplette Fahrt filmen würden. Insgesamt wären das 2,5 Stunden Video.

So sind wir froh, dass wenigstens dieser Anlauf erfolgreich war.

 

Projekt Stratos - der erste Versuch im Juni 2017

Es sollte der Höhepunkt der Saison für unsere Arbeitsgemeinschaft Informatik werden: Wir lassen einen Ballon in die Stratosphäre, also die Schicht unserer Atmosphäre zwischen 15 und 50 km Höhe, aufsteigen. Dabei erfassen wir Daten und zeichnen den Flug mit einer Kamera auf.

Dazu benötigten wir einen Ballon, den Fallschirm, eine Sonde aus Styropor, einen Datenlogger für unsere Datenerfassung, einen GPS-Tracker um denn Ballon wiederzufinden und natürlich eine Action-Kamera mit ausreichend Kapazität für 3,5 Stunden. Dieses Konzept wurde bereits mehrfach umgesetzt, und auch wir hatten uns akribisch darauf vorbereitet. Wir hatten rechtzeitig die Genehmigungen der Luftfahrtbehörden eingeholt, das Material bestellt, die Checkliste abgearbeitet. Schüler unserer AG befassten sich mit der Technik zu Datenerfassung. Dabei mussten wir feststellen, dass die Programmierung eines Microcontrollers – wir wollte es mit dem Micro:Bit versuchen, doch nicht so einfach ist, wenn analoge Sensoren angeschlossen und die Daten gespeichert werden sollen. Diese Technologie müssen wir für den nächsten Versuch nochmals in Angriff nehmen. Sehr gut funktioniert hingegen die von den Schülern programmierte Smartphone-App für das GPS-Tracking. Wir hatten ein älteres Smartphone mit Powerbank in der Sonde verstaut. Im neuen Schuljahr wollen wir ein Auswertungsprogramm erstellen. Zur Sicherheit hatten wir parallel noch eine andere App auf dem Handy laufen, auch deren Daten sind komplett verwendbar.

 

Nun musste es nur noch mit dem Wetter klappen – und das Wetter war toll. Blauer Himmel und kaum Wind. Anlässlich unseres Schulfestes am 15. Juni war der Start um 10:30 angesetzt. Wir hatten eine Kamera am Schloss positioniert, eine Handkamera am Startort, eine Drohne filmte aus der Luft. In der Sonde befand sich eine Action-Cam mit theoretisch 5 Stunden Laufzeit und eine externe Energieversorgung dafür.

Bevor die Sonde verschlossen und am Ballon befestigt wurde schalteten wir alle Geräte ein und prüften nochmals deren Funktion: der Tracker meldete sich, das Handy zeichnete auf und die Kamera filmte – alles bestens!

Also schlossen wir die Gasflaschen an und füllten reichlich 20 Liter Ballongas ein, so viele wie wir für den Aufstieg anhand des Gewichtes errechnet hatten. Der Ballon durfte nicht zu prall sein, sonst platzt er zu zeitig, aber auch nicht zu schlaff, sonst platzt er nicht oder zu spät oder kann die Last nicht hoch genug tragen.

Wir hatten unseren Sportplatz dafür in Beschlag genommen. Alle AG-Mitglieder hatten zu tun und nach etwa 20 Minuten hob der Ballon unter dem Beifall der SchülerInnen und LehrerInnen ab. Nach wenigen Minuten war er nur noch als kleiner Punkt zu sehen.

Etwas mulmig wurde uns, als wir etliche Flugzeuge den gefühlten Aufstiegskorridor kreuzen sahen, aber die Flugsicherung hatte uns ja grünes Licht gegeben.

Ab jetzt konnten wir nur noch warten und hoffen. Wo würde es die Sonde hinwehen? Schaffen wir die Höhe? Läuft die Technik durch? Bekommen wir Temperaturprobleme wegen der -50 °C? Können wir die Position herausbekommen?

Nach etwa 20 Minuten blieben die Anrufe beim GPS-Tracker unbeantwortet, der Ballon hatte das Mobilfunknetz nach oben verlassen. Laut unserer Vorausberechnung mit einer Software (www.) sollte der Ballon nach etwa 3 Stunden in der Nähe der tschechischen Grenze bei Berggießhübel/Usti landen.

So ab 13:15 Uhr versuchten wir es, und tatsächlich: eine SMS mit den Koordinaten erreichte uns - und ab da regelmäßig. Zu dieser Zeit wurde uns schon klar: wir müssen nach Tschechien! Also holten wir schnell noch die Ausweise unserer Schüler, zum Glück brauchen wir ja keine Visa, und los ging es. Auf Google Maps hatten wir die Landeposition etwa 2 km nördlich von Usti ausgemacht, in einem Wald. Reichlich eine Stunde Fahrt auf der A17 und durch das Bahratal brachte uns bis auf 300 m an den gepeilten Landeort heran. Wir liefen mit dem GPS-Gerät los und mussten uns durch das Dickicht mit Brennesseln, Dornen und Gestrüpp schlagen – später merkten wir, dass 50 m neben uns eine Wiese lag – na ja… Im Wald angekommen konnte wir die Sonde auf den Meter genau orten (Super GPS-Tracker!), nur leider in 12 m Höhe auf einer Eiche. Wir hatten zwar vorsorglich die Teleskopstange aus der Aula mit 9 m mitgenommen, aber da fehlten ja immer noch 3. Was jetzt?

Hier die Bergungsversuche im Kurzdurchlauf:

  • Räuberleiter am Baum, um den ersten kletterbaren Ast zu erreichen. Klappte nicht zu kurz.

  • Runter“knüppeln“ mit Ästen. Klappte nicht, zu ungenau bei der Höhe.

  • Einen dünnen Baum mit Panzertape an die Stange binden und diese verlängern. Klappte nicht, Konstruktion bog sich zu stark durch.

Nach etwa einer Stunde wussten wir nicht mehr weiter. Der Entschluss war: wir fahren nach Hause, laden einen lange Aluleiter und eine Säge auf und fahren morgen früh wieder her. Dann klettern wir auf den Baum und sägen den Ast, an dem die Sonde hing, ab. Als wir aber im Auto saßen entschlossen wir uns, die deutsch-tschechische Nachbarschaftshilfe zu testen und fuhren im nächten Dorf – Mirkow – auf einen Hof, wo es sich drei junge Männer beim Feierabendbier gemütlich gemacht hatten und nebenbei an Autos schraubten. Skeptische Blicke erwarteten uns, ein deutsches Auto mit 5 Kerlen…was wollen die denn? Meine erste Frage: „Spricht jemand Deutsch – oder Englisch?“ wurde von einem der Männer mit „Ja, ein wenig.“ beantwortet. Gestenreich erklärte ich, dass wir zwei Lehrer und drei Schüler seien, die einen Ballon gestartet haben, der jetzt in einem hohen Baum hinge und wir benötigten eine lange Leiter und eine Säge. Der Tscheche übersetzte das für sein Kumpels und wir verstanden von der folgenden Unterhaltung nichts. Letztlich kamen aber zwei Tschechen, eine 9 m Leiter und eine Kettensäge auf einem Geländewagen mit uns in den Wald. Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir den Landeort und einer der Männer stellte seine Leiter auf und kletterte mit laufender Kettensäge 9 m nach oben. Dort klammerte er sich auf abenteuerliche Weise an den Stamm und sägte den Ast ab. Die Sonde fiel … 2 m nach unten und hing. Na toll!. Also stieg ich auf die Leiter, nahm die Telekopstange wie eine Lanze unter den Arm und tatsächlich, es gelang die Schüre der Sonde zu erwischen und wir konnten sie vorsichtig nach unten holen. Sogar der Fallschirm kam mit, er war ganz geblieben. Riesenerleichterung bei allen.

Nun noch die Frage: wie sieht es im Inneren aus? Wir schnitten das Klebeband auf und sahen als erstes, das das Handy noch lief. Super! Die Kamera war ausgegangen, aber das überraschte uns nicht, den die Akkulaufzeit war längst um. Was uns vorerst irritierte war die Temperatur der Kamera. Sie war so heiß, dass man sie kaum anfassen konnte. Aber darüber machten wir uns zum dem Zeitpunkt noch keine Gedanken. Auf der Rückfahrt nach Mirkow testeten die Jungs und sagten, dass das Video in Ordnung sei. Alle waren froh. Wir bedankten uns bei den Tschechen, tauschten die Kontaktdaten aus, machten Erinnerungsfotos und übergaben als Dank den ausgeschriebenen Finderlohn. So gegen 21:00 waren alle wieder zu Hause.

Am nächsten Tag wollten wir die Daten und das Video auswerten.

Die Software war sauber durchgelaufen und hatte die Position sowie Geschwindigkeit und Höhe unseres Ballons super erfasst. Das Video lief an und zeigte unsere Füße und den Sportplatz kurz vor dem Start – aber nach 20 min brach es ab! Keine weiteren Aufnahmen. So eine Sch…, so ein Schreck! Das wertvollste Material unserer Aktion war nicht vorhanden. Die angepriesenen Sponsorenbilder aus der Stratosphäre – nichts von alldem!!! Wir waren und sind völlig frustiert. Die Kamera war nicht wegen Kälte, sonder wegen Überhitzung ausgestiegen. Das, so stellten wir nach Recherchen im Internet schnell fest, war kein Einzelfall, nur hatten wir eben davon nichts gewusst. Bei Aufnahmen im 4k-Bereich steigen sogar teilweise die teuren Kameras aus. Wir hatten eine preiswerte genommen, da wir ja nicht genau wussten, ob wir sie wiederfinden, und sie war heiß geworden.

Es tut uns wirklich leid für die Sponsoren, und nicht zuletzt aus diesem Grund werden wir im Herbst oder nächsten Frühjahr noch einmal einen Anlauf nehmen. Mit einer langzeitgetesteten Kamera, eventuell dann eben mit etwas geringerer Auflösung.

Wir danken allen Sponsoren und Unterstützern und hoffen, sie wollen ihr Geld nicht zurück....

  • Flexomat Nossen,
  • Baugrund Geotechnik Chill,
  • Eis-Eck Albrecht Nossen,
  • Meister Krug Meißen,
  • Tech-Control Nossen,
  • Mafrino Nossen,
  • Elektroanlagen Nossen,
  • Allianz Jürgen Sittner,
  • Agrarberatung Schonnop,
  • HTS Nossen,
  • Tiergesundheitszentrum Nossen,
  • sowie vielen Einzelspendern

Es war ein tolles Projekt und Erlebnis! Wir werden versuchen, die versprochenen Bilder im neuen Schuljahr nachzuliefern! Das meiste von der Ausrüstung können wir ja wieder verwenden. Wir brauchen nur neues Gas und einen neuen Ballon. Aber das kriegen wir schon hin! Eventuell springt der Förderverein ein.

Die Fahrtroute

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